Peter Sattler

… und wieder die Frage: „Warum Nam Wah Pai“

An einem Montagabend im September 1990 begann alles ganz harmlos im Kampfsportzent-rum in Regensburg…. und hat auch so geendet. Diese zwei Stunden Training haben in mir jedoch das Nam Wah Pai Feuer entfacht, welches bis heute brennt.

Zwei Freunde und ich kamen an diesem Tag zum ersten Mal ins Training, im Schlepptau eines „durchgeknallten“ Mitschülers aus der Oberstufe (der sich als Sascha Mareth entpuppte). Schnell war der kleine, kahle Raum ohne Matten mit den unterschiedlichsten Individuen der Gattung Mensch gefüllt und von der ersten Minute an waren wir voll ins Training und in die Gruppe integriert. Das Training war hart, aber die Atmosphäre locker und ungezwungen. Das Schlüsselerlebnis in dieser Stunde aber war das Sparring zwischen Sascha und dem Meister Frank Eibl am Ende. Nach kurzem Kick, Kick, Schlag, Schlag….., gelang es Frank einen Vorwärtskick von Sascha mit den Händen zu fangen. Frank ging ein paar Schritte vor und wieder zurück und „spielte“ mit seinem einbeinigen Kontrahenten. Plötzlich sprang Sascha in die Hohe und traf den Gegner mit einem gedrehten Fersenkick direkt am Kopf. Frank ging zu Boden. Während er sich wieder aufrappelte dachte ich: „jetzt gibt’s gleich mächtig Ärger“. Da stand Frank schon und sagte: „Sehr gut Sascha! Ich war viel zu überheblich und da hab ich diesen Dämpfer verdient.“ Seit diesem ersten Kung Fu Erlebnis will auch ich ein Nam Wah Pai Meister werden.

Die Daten meines Nam Wah Pai Lebenslaufs sind schnell erzählt. Nach ununterbrochenem Training ab 1990, durfte ich 1995 die Prüfung zum ersten Meistergrad ablegen. Es folgten einige nationale und internationale Meisterschaften. Im Jahr 1997 folgte ich der Einladung von DaShifu Yap drei Monate in seinem Haus zu leben und zu trainieren. Hier lernte ich neben neuen Formen und Techniken auch die „Eisen Hand“. Ab 1996 übernahm ich von Shifu Andy Jobst das Training im Kampfsportzentrum Regensburg, welches ich bis zu meinem Auslandstudium im Jahr 2000 leitete. Seit 2012 gebe ich mein Wissen nun in Kelheim an meine Schüler weiter.

Die Erlebnisse und Erfahrungen meines Nam Wah Pai Lebenslaufs, die Kung Fu immer noch so einzigartig für mich machen sind jedoch nicht so schnell erzählt. Was ist so besonders? Neben dem fordernden und ausgewogenen Training sind es die kleinen Siege gegen sich selbst. Es ist unbeschreiblich, wenn man zum ersten Mal nach langem Training das Kribbeln in den Fingerspitzen spürt, bevor sie durch eine Wassermelone stechen, oder man seine erste Kokosnuss mit der Handkante bezwingt. Wenn man unbeschadet auf einem Nagelbrett liegt während ein anderer auf dir steht. Wo sonst kann es passieren, dass die unterschiedlichsten Menschen jeden Alters und jeden sozialen Rangs miteinander kämpfen und danach mit einem Lächeln im Gesicht gemeinsam einen Trinken gehen? Wie schon damals in meinem ersten Training, gilt noch nach vielen Jahren Kung Fu, dass auch der Meister durch jeden einzelnen Schüler dazulernen kann. So bleibt auch der Meister immer Schüler.

Nun gibt es NWP seit fast 30 Jahren in Deutschland und 22 davon durfte ich dabei sein. Neben allen Kämpfer/innen die mit mir in dieser Zeit trainiert haben möchte ich mich bei Meister Sascha Mareth für die unzähligen Kaff-Trainingseinheiten, bei den Meistern Florian und Nicolas Völkl für die Motivation und bei meinem Großen Bruder Meister Konrad Schwimmbeck bedanken. Besonderer Dank gilt jedoch unserem Shifu Andy Jobst, der die Wurzel all dieser Erfahrungen ist und der durch seinen unablässigen Einsatz für Nam Wah Pai und jeden einzelnen Schüler eine große Inspiration und Bereicherung für uns alle ist.