Wenn sich das Jahr dem Ende zuneigt, beginnt für einige Nam Wah Pai Schüler auf dem Rotgurtseminar ein neuer Abschnitt in ihrer Kung Fu Laufbahn. Die Gelegenheit dazu hatten die Schüler dieses Jahr vom 22.11. bis zum 24.11 wie immer in Sinzing bei Dashifu Andy Jobst. Gürtelprüfungen finden – ob bei den Kindern oder Erwachsenen – mehrmals im Jahr statt, doch wer den Rotgurt erlangen möchte, muss sich den Prüfungen ein ganzes Wochenende stellen. Am Ende winkt nicht nur der rote Gurt mit dem eigenen Namen versehen, sondern auch die offizielle Aufnahme in die Nam Wah Pai Familie. Aber auch Schwarzgurtanwärter stellen sich an diesen Tagen den Anforderungen.

Die Prüfung beginnt zum Einstand immer am Freitagabend im Wuquan in Sinzing. Dashifu Andy Jobst unterrichtet dort seit 30 Jahren. Viel Geschichte, Schweiß und Erfahrungen stecken im Wuquan, die man sofort in der Atmosphäre spürt. Ein Schrein zu Ehren des ehemaligen Großmeistes Yap Voon Kheong zeigt den Respekt, der dem Meister entgegengebracht wird. Eine Regel des Kung Fu lautet: Respektiere deinen Meister, und das natürlich auch über den Tod hinaus.

Umgeben von roten, gepolsterten Säulen, großen Spiegeln und jeder Art Kampfwerkzeug können sich die Anwärter unter den prüfenden Blicken der Meister ihre Kampfkünste zeigen. Da alle drei Tage Teil der Prüfung sind, müssen die Prüflinge von der ersten Minute an ihr Können unter Beweis stellen und die Stellungen, Formen und Techniken beherrschen. Aber damit nicht genug: Bewahre die Wahrheit lautet die nächste Kung Fu Regel. Damit ist die Fähigkeit gemeint, das Erlernte anderen näher zu bringen und selber unterrichten zu können. Deswegen mussten die Rotgurtanwärter auch teilweise das Training halten. Neben dem Aufwärmtraining wurden auch die grundsätzlichen Hand- und Fußformen verlangt.

Dieses Jahr gab es eine Neuerung: Nach dem Vormittagstraining in Bernhardswald bei Shifu Alex Sonnberger wurde die Sportinsel in Kelheim bei der Nam Wah Pai Schule von Shifu Pit Sattler als Trainingsort genutzt. Die Trainingsfläche in der Sportinsel bot für Meister und Schüler die ideale Größe, die Formen mit den Kurz- und Langstöcken, aber auch mit den Schwertern und Mönchsspaten zu üben. Die Formen mit oder ohne Waffen sind ein essentieller Bestandteil des Kung Fu, deswegen wurden diese bis zum Abend geübt und gezeigt. Eine weitere Regel: Kameradschaft unter den Schülern zeigt sich genau in den Sparringübungen der Formen. Ziel ist es, mit Geduld zu lernen und ein Gefühl für sein Gegenüber zu entwickeln.

Die zwei Tage sind üblicherweise da, um das Erlernte zu vertiefen, um sich dann letztendlich den Prüfungen am Sonntag zu stellen. Wie schon am Freitag und Samstag begann auch dieser Tag mit einem gemeinsamen Aufwärmtraining wieder zurück in Sinzing. Danach ging es schließlich ans Eingemachte und jeder Prüfling hatte die Gelegenheit vor den Meistern die Formen zu laufen, die für die Rot- und Schwarzgurte notwendig sind. Damit nicht genug. Auch das Kämpfen und der Bruchtest gehörten natürlich zum Abschluss der Prüfung. Same procedure as every year: Dashifu Andy Jobst positioniert den Schlag mit einem langen Holzuf die Brust, den Bauch, den Rücken und dem Schienbein eines jeden Schülers, der wiederum mit Hilfe seines Chi das Holz an seinem Körper zum Brechen bringt.

Das Beste kommt bekanntlich zum Schluss. Alle Anwärter konnten ihren neuen roten und schwarzen Gurt ihr Eigen nennen und wurden mit der Teezeremonie offiziell in die Nam Wah Pai Familie aufgenommen. Jeder Schüler musste hierbei dem Großmeister und weiteren Meistern Tee reichen, um der Tradition gerecht zu werden.

Das nächste Rotgurtseminar findet von 24.-26. April statt und wir freuen uns jetzt schon drauf. Auf das Trainieren, das Lernen, auf den gemeinsamen Spaß und die entspannten Abendessen nach jedem ereignisreichen und anstrengenden Trainingstag.

geschrieben von Bahar